Open Source Linux-Desktop rundum aktualisiert

Egg, 19. März 2024: Nach knapp fünf Jahren erscheint der multimediale Linux-Desktop in neuem Gewand. Grundlage der Version 2024/III bildet Devuan Daedalus. Dieser Blog stellt die wichtigsten Neuerungen vor und berichtet zudem von den Herausforderungen beim Upgrade von Software-Komponenten aktueller Linux-Distributionen. Ebenso nicht fehlen darf ein Ausblick für die Kunden der ArchivistaBox. Das Wichtigste gleich vorweg: Die ISO-Dateien können direkt unter archivista.ch/cms/avmulti24.iso bzw. archivista.ch/cms/avmini24.iso bezogen werden.

Neuerungen bei AVMultimedia 2024/III

AVMultimedia 2024/III basiert auf Devuan Daedalus. Dies bedeutet, dass die Standard-Applikationen wie LibreOffice, Inkscape deutlich aufgefrischt daherkommen. Fast wichtiger als die “neuen” Versionen der bisherigen Programme ist aber, dass die Standardbibliotheken auf dem aktuellen Stand sind. Mittlerweile erfordern doch einige AppImage-Pakete die neuen Bibliotheken, mit dem alten Versionen von AVMultimedia können diese gar nicht erst gestartet werden.

Die Grundlage einer jeden Linux-Distribution bildet der Linux-Kernel. Das ist jenes Stück Software, das den Unterbau bildet. Sowohl AVMultimedia wie auch die ArchivistaBox werden mit im Hause erstellten Linux-Kerneln ausgeliefert. Bei AVMultimedia 2024/III ist dies derzeit die Kernel-Version 6.1.82 (publiziert am 15.3.2024).

Damit einher geht die Unterstützung für die SteamDeck-Geräte. Allerdings ist hier anzumerken, dass die derzeit verfügbaren Linux-Kernel einen “grässlichen” Bug  enthalten. Dieser führt dazu, dass das Booten stecken bleibt. Das Malheur passierte zwischen Kernel 6.1.61 und 6.1.62. Betroffen scheinen alle neuen Kernel zu sein (zumindest getestet mit Kernel 6.6.x). Mit zwei Patches konnte dies korrigiert werden.

Nicht mehr verfügbar ist Wicd, das Tool, um WiFi-Netzwerke zu administrieren. Neu ist dafür der Netzwerk-Manager zuständig. Da der Netzwerk-Manager sich schlecht mit herkömmlich definierten Netzwerkverbindungen verträgt, ist der Netzwerk-Manager neu über das bekannte WiFi-Symbol auf dem Desktop zu aktivieren. Dabei erscheint im Panel (unten rechts) ein kleines Netzwerk-Symbol. Dort findet sich der Eintrag ‘Verfügbare Netzwerke’. Die gewünschte WLAN-Verbindung ist dabei auf einem TouchScreen (siehe SteamDeck) mit guter Präzision auszuwählen.

Die vorgenommenen WLAN-Netzwerkeinstellungen können beim Herunterfahren der ArchivistaBox durch Eingeben des Passwortes für den nächsten Start vorgemerkt werden. Dies allerdings um den “Preis”, dass die eingegebenen Passwörter auf der Festplatte im Klartext gespeichert werden. Wer dies nicht möchte, kann das WiFi-Netzwerk bequem über das Netzwerk-Tool (via Menü AVMultimedia) erfassen. Dort erfasste Passwörter liegen nicht im Klartext auf der Festplatte vor.

Devuan Daedalus als Grundlage für AVMultimedia

Bevor ein neues Master-Release wie es AVMultimedia 2024/III zweifelsfrei ist, erscheint, wird eine Bilanz gezogen. Welche Erfahrungen konnten mit der bisher publizierten Versionen gemacht werden, was ist für die nächsten Jahre zu erwarten etc. Vor ca. 5 Jahren, als es darum ging, von Debian auf Devuan umzustellen, konnte z.B. keine Aussage gemacht werden, wie gut sich Devuan neben Debian etablieren wird können.

Mittlerweile ist klar, das Nebeneinander funktioniert gut. 2018 belegte Debian bei distrowatch.com den 6. Rang, Devuan wurde damals auf Rang 42 gelistet. Aktuell liegt Debian bei Rang 4 und Devuan auf der Position 36. Für all jene, welche weder Devuan noch Debian im engeren Sinne kennen, sei hier gesagt: Debian ist die durch die Community publizierte Linux-Distribution, welche mit dem in der Linux-Welt weit verbreiteten Boot-Manager SystemD ausgeliefert wird. Devuan verzichtet darauf, ist aber ansonsten sehr nah an Debian angelehnt.

Dass AVMultimedia als Basis Devuan und nicht Debian benutzt, wurde bereits vor Jahren erörtert. Dass dem auch in Zukunft so sein wird, ist darin begründet, dass die letzten Jahre gezeigt haben, dass Devuan sowohl in der Form von AVMultimedia aber auch bei der ArchivistaBox angenehm stabil arbeitet(e). Dies wäre selbstverständlich auch mit Debian möglich, jedoch wäre der Aufwand in der Umsetzung weit höher und letztlich geht es bei AVMultimedia bzw. der ArchivistaBox darum, mit den verfügbaren Ressourcen “sparsam” umzugehen. Und darum bleibt Devuan an Bord.

Kompatibilität, Fortschritt und Bugs

Bei aller Freude über das Erscheinen von AVMultimedia 2023/III sei hier doch angemerkt, dass die aktuelle Tendenz bei der Software-Entwicklung im Linux-Umfeld doch etwas Sorge bereitet. So sehr die neuen Funktionen der Programme, die Unterstützung der neuen Hardware zu begeistern vermögen, so ist leider auch anzumerken, dass Kompatibilität dem Fortschritt oft zu weichen hat. Dazu ein Beispiel.

Python ist die am meisten verwendete Programmiersprache überhaupt, ca. 28 Prozent aller Programme weltweit werden aktuell in Python realisiert. Nun gab es lange Zeit parallel zu Python3 die ältere Version Python2. Die Weiterentwicklung ist seit 2020 eingestellt. Selbstverständlich ist sinnvoll, alle Kraft Python3 zu widmen. Dennoch bleibt die Problematik, dass wohl Milliarden von Code-Zeilen mit Python2 realisiert wurden. Gemäss mayerdan.com (Englisch) wird in der Industrie pro 1000 Zeilen mit 15 bis 50 Bugs gerechnet.

Um Python2 nach Python3 zu migrieren, dürften ca. 1 bis 2 Prozent des Codes verändert werden müssen (eigene Schätzung). Unter der Annahme, dass 1 Milliarde Codezeilen existieren, ergibt dies 1 Million Anpassungen bzw. über 30’000 neue Bugs. Im aktuellen Release 2024/III fehlt Python2, es wurde mittlerweile in allen gängigen Linux-Distributionen entfernt. Ob damit das Gesamtpaket stabiler wird, dies darf/muss bezweifelt werden.

Stand bei ArchivistaBox

Die Migration der ArchivistaBox auf den Stand von AVMultimedia 2023/III ist insofern abgeschlossen, dass sämtliche benötigten Komponenten der ArchivistaBox bereits auf der Grundlage von AVMultimedia 2023/III zur Verfügung stehen. Anpassungen waren notwendig bei ArchivistaVM (Python2), ArchivistaDMS (ExactImage-Bibliothek) sowie ArchivistaERP (Portierung des Codes von PHP7.4 auf PHP8.2).

Im Prinzip könnte mit dem Release von AVMultimedia 2023/III auch die ArchivistaBox 2023/III freigegeben werden. Dennoch erfolgt dies nicht, damit in der nächsten Zeit die ArchivistaBox auf der Basis von AVMultimedia ausführlich getestet werden kann. Es darf aber bereits jetzt angeführt werden, dass eine Veröffentlichung der aktualisierten ArchivistaBox voraussichtlich im Sommer/Herbst (und damit nach Plan) erfolgen wird.

Unsere Datenbanken für die Entwicklung umfassen mittlerweile über 20 TByte an Daten mit vielen Millionen von Datensätzen. Damit lässt sich die neue ArchivistaBox auf Herz und Nieren testen. Damit stellen wir sicher, dass die ArchivistaBox für die nächsten Jahre auf solider und stabiler Basis an unsere Kunden ausgeliefert werden kann. Aus diesem Grunde wird es die nächsten Monate eher weniger neue Funktionen bei der ArchivistaBox geben. Dafür resultiert dann eine ArchivistaBox, die wir voraussichtlich bis 2029 im Support unterstützen können.