AVMultimedia 2023/V mit SteamDeck

Multimediale Open Source Distribution rundum erneuert

Egg, 26. Mai 2023: Seit einigen Wochen wartete eine SteamDeck-Konsole darauf, mit dem vollwertigen Linux-Desktop AVMultimedia bestückt zu werden. Nachdem es bei der Integration einige Hürden zu überwinden galt, steht AVMultimedia mit aktualisiertem Linux-Kernel 6.1.30 nun zum Download bereit. Selbstverständlich läuft AVMultimedia auf fast allen gängigen Intel/AMD-Rechnern (und mit dem neuen Release 2023/V auf noch vielen neuen Rechnern dazonlineu), doch nachfolgend soll es primär um die Portierung auf die SteamDeck gehen.

Was ist die SteamDeck?

Die SteamDeck ist an sich eine Spielekonsole für die Spieleplattform Steam. Im Unterschied zu anderen Spielekonsolen basiert die Hardware der SteamDeck auf einem modernen Ryzen-Prozessor (4 CPUs bzw. 8 Threads, 16 GB RAM). Damit lässt sich auf der Hardware jede Desktop-Software installieren. Selbst Windows soll auf der SteamDeck laufen. Durch das geringe Gewicht von unter 700 Gramm, einem Touchscreen und einem integrierten Mauspad lässt sich mit der SteamDeck unterwegs recht angenehm arbeiten.

Tastatur-Eingaben lassen sich über den Touch-Bildschirm bewerkstelligen und für das genaue “Zielen”, was bei Desktop-Anwendungen mitunter notwendig ist, steht ein sehr gut in der Hand liegendes Mousepad zur Verfügung. Klicks mit dem Pad lassen sich sehr einfach mit dem Drücken des Zeigefingers an der Taste vorne der Konsole bewerkstelligen. Damit ist ein Arbeiten möglich, wie es mit reinen Tablets nicht möglich ist.

Überdies verfügt die SteamDeck über einen USBC-Anschluss. Dieser wird zum gleichzeitigen Laden der Konsole und dem Anschliessen weiterer Geräte verwendet. Ein entsprechender Adapter liegt nicht bei, doch sind solche Geräte im Handel gut erhältlich. Weiter kann ein Klinker-Kopfhöheranschluss angehängt werden. Für das Justieren der Lautstärke stehen zwei Knöpfe vorne zur Verfügung. Das ist sehr praktisch und wird überdies visuell auf dem Bildschirm auch noch optisch ansprechend angezeigt.

Die SteamDeck kann mit 64 GB eMMC, mit 256 GB NVMe oder 512 GB NVMe Festplatte erworben werden. Die Preise liegen dabei zwischen ca. 500 bis 800 Franken/Euro. Ein Schnäppchen ist die SteamDeck damit zwar nicht, gemessen an der Leistung aber nicht wirklich teuer. Wer auf das Budget achten muss, natürlich sind 64 GB knapp bemessen, jedoch enthält die SteamDeck einen MicroSD-Card-Steckplatz, womit sich der Speicher mühelos um mehrere Hundert GB “ausbauen” lässt. Soviel zur Hardware.

Ausgeliefert wird die SteamDeck mit einem hauseigenen Linux. Als Grundlage dafür wird ArchLinux verwendet. Auf der hauseigenen Distribution gibt es zwar einen Desktop-Modus. Weder das Gamen noch das Arbeiten mit der Desktop wurde ernsthaft getestet. Vielmehr war von Anfang an geplant, diese mit AVMultimedia bzw. der ArchivistaBox zu bestücken.

Standardkonform ja, aber mit Einschränkungen

Ein erster Versuch, AVMultimedia auf der SteamDeck zu installieren, gelang zwar. nur wurde der Bildschirm im Hochformat abgebildet. Ein Drehen bei den Bildschirmeinstellungen scheiterte daran, dass die bisherige AVMultimedia-Version den integrierten GrafikChip (VanGogh) von AMD nicht erkannte und stattdessen zum Kompatiblitätsmodus (Framebuffer) wechselte (und dort geht das Drehen nicht).

Damit ist gleich die wichtigste Herausforderung bei der Hardware angeschnitten. Das 7-Zoll-Panel arbeitet zwar mit ansehnlichen 800×1280 Pixeln, jedoch um 90 Grad rotiert (gewünscht sind 1280×800). Damit “normal” gearbeitet werden kann, ist die Bildschirmanzeige immer softwaretechnisch um 90 Grad nach rechts zu setzen. Mit entsprechend “frischem” Linux-Kernel (es sollte zumindest 6.1.x sein) lässt sich dies zwar mühelos beheben.

Wer allerdings den primären Bildschirm auf einen zweiten Bildschirm spiegeln möchte (z.B. Beamer-Präsentation), muss zwingend mit zwei unterschiedlichen Ansichten arbeiten. Zwar könnten beide Screens synchronisiert werden, jedoch nur so, dass einer der beiden Bildschirme um 90 Grad falsch gedreht ist.

Mag sein, dass dies in der täglichen Praxis keine so grosse Rolle spielt. Nur, derart verbaute Panels führen dazu, dass ein grosser Teil der Linux-Distributionen nach dem Start keine korrekte Anzeige darstellen. Natürlich kann zur Not mit der Konsole auch hochkantig gearbeitet werden, ohne externe Maus bzw. Tastatur ist ein Arbeiten dann aber faktisch nicht möglich.

Sound-Karte und TouchScreen als Stolpersteine

Wer Linux auf neuer Hardware installieren möchte, erlebt es immer wieder. Ohne aktualisierte Treiber gelingt das Unterfangen kaum. Die SteamDeck lässt sich (gemäss Bekundungen in entsprechenden Foren) erst ab Linux-Kernel 6.1 betreiben. Das initiale Release stammt vom Janaur 2023. Dazu passend sind die entsprechenden Firmware-Dateien notwendig.

Trotzdem wollte die Sound-Karte auch nach Tagen mühsamer Arbeit keinen Laut von sich geben. Selbst das Zurückgreifen auf Distributionen wie Manjaro (einzig die Plasma-Version bootete) oder auch Ubuntu brachten keine Hilfe, denn der Sound fehlte auch dort. Nach längerem Suchen liess sich bei https://batocera.org eine speziell für die SteamDeck erstellte ISO finden. Diese arbeitete zu 100% perfekt. Jedoch, ein Desktop enthält eine für Retro-Spiele erstellte Open Source Distribution natürlich nicht.

Trotzdem, anhand des SSH-Zugriffs (root/linux) konnte herausgefunden werden, woran es lag. Neben den passenden Kernel- und Firmware-Treibern sind zusätzlich weitere Konfigurationsdateien für die Soundkarte notwendig. Passend dazu liessen sich entsprechende Hinweise unter https://gitlab.com/open-sd/acp5x-ucm-files finden.

Damit konnten zumindest Sound-Klänge über den Kopfhörer-Ausgang genossen werden. Um die Audio-Signalle auch auf den Lautsprecher zu leiten, waren Anpassungen in /etc/pulse/default.pa notwendig. Die entsprechenden Einträge sind sehr technischer Natur und finden sich daher direkt auf der AVMultimedia-ISO-Datei.

Zwar etwas weniger aufwändiger, aber doch anspruchsvoll war, die richtigen Kernel-Module für den Touch-Screen der SteamDeck zu finden. Die Konfigurationsdatei des Kernels zwischen Batocera und AVMultimedia zeigte einige Tausend Zeilen Unterschiede; hier die richtigen Kandidaten zu aktivieren, es war ein Spiessrutenlauf. Nach ca. 10 neuen Kernel-Variationen war es soweit. Halleluja!

Fazit: 950 Gramm für das ultimative mobile Desktop-Feeling

Die SteamDeck wiegt 676 Gramm, das Netzteil dazu 162 Gramm, Praktisch dabei ist, dass sowohl der europäische zweipolige Anschluss einfach weggesteckt werden kann und sich die Box ohne Adapter in den USA/Kanada betreiben lässt. Die Abbildung zeigt den aufgesteckten EU-Adapter. Es versteht sich von selbst, dass die SteamDeck nur mit voll eingestecktem EU-Adapter eingeschaltet werden darf, die obige Abbildung dient einzig dazu aufzuzeigen, wie elegant die Adapter-Lösung ist.

Nun ist die SteamDeck ohne USB-Kit nicht komplett, ergibt plus/minus nochmals 50 Gramm. Alles zusammengerechnet sind es somit ca. 890 Gramm. So sehr das Tippen über den Touch-Screen zügig geht, so sehr bleibt auf dem 7-Zoll-Display am Ende doch wenig Platz zum Arbeiten übrig. Eine externe Tastatur ist von daher sicher hilfreich. Dank USB und/oder Bluetooth lässt sich dies einfach bewerkstelligen.

Im “hauseigenen” Lager fand sich eine Epic Laser-Tastatur von Celluon. Mit ca. 60 Gramm wird damit zwar das Gesamtgewicht auf 950 Gramm angehoben, jedoch lässt sich damit viel zügiger schreiben — und damit gehört das Teil mit zur mobilen Ausrüstung. Nebenbei sei an dieser Stelle angeführt, dass der Einsatz von Bluetooth mit dem Kernel 6.1.x endlich ohne “Hindernisse” funktioniert.

Gemischte Begeisterung findet dagegen die Transporttasche. Zugegeben, das Display muss ja irgendwie gut geschützt werden. Das Gewicht von über 350 Gramm jedoch ist ansehnlich.

Das bringt das SteamDeck-Upgrade für AVMultimedia und die ArchivistaBox

Wer eine SteamDeck hat, findet mit der aktualisierten AVMultimedia-Distribution endlich einen Desktop, der recht gut auf der SteamDeck arbeitet. Leider musste bei der Entwicklung von AVMultimedia beobachtet werden, dass die SteamDeck von den “Platzhirschen” nicht optimal (z.B. fehlendes Drehen des Bildschirms oder kein Ton) unterstützt wird. Hier bietet AVMultimedia endlich einen Desktop für die SteamDeck.

An erster Stelle bringt das aktuelle Release der AVMultimedia-Distribution aber eine rundum erneuerte Oberfläche für alle, die mit aktueller Hardware arbeiten möchten. Dank Linux-Kernel 6.1.x ist AVMultimedia damit für die nächste Zeit wieder aktualisiert. AVMultimeida 2023/05 basiert auf der stabilen Version von Devuan Chimaera. Natürlich hätte auch zur Testing-Version der nächsten Generation gegriffen werden können.

Jedoch, weit bedeutender als aktualisierte Software auf dem Desktop ist der entsprechende Unterbau, da nur damit aktuelle Hardware problemlos zum Einsatz kommen kann. Der Longterm-Kernel 6.1.x bietet hier eine ideale Voraussetzung für die nächsten Jahre. Die ISO-Datei für dieses Release findet sich (passend zum Kernel) unter dem Namen avmultimedia6.iso hier:

https://sourceforge.net/projects/archivista/files/
https://osdn.net/projects/avmultimedia/releases/

Unseren Kunden der ArchivistaBox sei an dieser Stelle gesagt, dass mit dem aktualisierten Unterbau (die ArchzivistaBox wurde im gleichen Zug migriert) die Software für das nächste Major-Release zur Verfügung steht. Bereits jetzt kann gesagt werden, dass der Update-Prozess sehr einfach ausfallen wird (Online-Update genügt). Einige wenige ausgewählte Kunden arbeiten bereits mit dem aktualisierten Unterbau, offiziell freigegeben wird der neue Hauptzweig wohl aber erst im nächsten Jahr.

Trotzdem sind die entsprechenden Arbeiten für die ArchivistaBox essentiell. Nur so ist gewährleistet, dass wir unseren Kunden auch in einigen Jahren eine aktuelle Hardware ausliefern können.

Zum Abschluss noch dies: Die SteamDeck arbeitet sehr zügig. Das Hochfahren von AVMultimedia (Einrichten der gesamten Software über ca. 6 GByte) dauert ca. 8 bis 10 Sekunden. Mit dem integrierten Ryzen-Prozessor lassen sich selbst 4K-Videos bearbeiten und rendern. Nicht ganz so flott wie mit den schnellsten AMD oder Apple M1-Boliden, aber doch recht ordentlich. Selbst Virtualisierung lässt sich mit der SteamDeck mühelos bewerkstelligen. So gesehen ist die SteamDeck absolut kein Spielzeug, sondern ein hartes Arbeitstier.