Open Source und Android

5 Jahre mit “quelloffenen” Smartphones

Egg, 5. April 2022: Seit fast fünf Jahren stehen bei der Firma Archivista GmbH quelloffene Smartphones auf Android-Basis im Einsatz. Grund genug, die “Flotte” zu aktualisieren und dabei gleichzeitig einen Rück- wie Ausblick zu wagen. Anstelle einer komplexen Beschreibung, welche die meisten technisch ungeübten Leser/innen wohl abschreckbis heute en oder überfordern würde, ist der nachfolgende Text so gehalten, dass die im Einsatz stehenden Geräte ohne allzu viel Technikkram über den Zeitraum der letzten Jahre vorgestellt werden. Zunächst allerdings eine kurze Einleitung zur aktuellen Situation.

Deaktivierte Dienste, LineageOS oder e.foundation ?

Wer 2022 ein möglichst quelloffenes Android betreiben möchte, greift (dies die Empfehlung an dieser Stelle) wenn immer möglich zu e.foundation. Warum? Ganz einfach, weil damit die Google-Dienste gar nicht erst aufgespielt werden (siehe dazu MicroG). Das ist allerdings nur dann möglich, wenn das gewünschte Gerät dort auch unterstützt wird. Leider hat sich diesbezüglich die Lage 2022 eher verschlechtert. Die Liste jener Geräte, die mit einem alternativen Android bestückt werden kann, ist und bleibt sehr überschaubar.

Wer nicht bereits beim Kauf darauf achtet, das richtige Gerät zu kaufen, wird in den meisten Fällen gar nie ein “quelloffenes Android” aufspielen können. Letztlich können nur jene Smartphones verwendet werden, die sich “entsperren” lassen. Dieser Vorgang ist zwingend notwendig, um ein alternatives System überhaupt aufspielen zu können. Und leider ziehen es 2022 eher mehr Hersteller vor, eine solche Option aktiv zu unterbinden als sie passiv für jene zuzulassen, welche dafür gar bereit sind, auf sämtliche Support-Ansprüche zu verzichten.

Allerdings, selbst wenn das Gerät bei e.foundation gelistet ist, heisst dies nicht automatisch, dass es perfekt läuft. Dies deshalb, weil eine quelloffene Alternative zu Android ein nicht ganz einfaches Unterfangen darstellt. Die perfekte Kombination der Sourcen mit der Firmware der Hersteller ist komplex. Jedes Gerät muss einzeln getestet werden. Diesen Prozess kann niemand alleine leisten, selbst kleinere Teams (z.B. LineageOS) können von daher nicht Tausende von Geräten unterstützen.

Aber selbst wenn ein Smartphone gelistet ist, heisst dies nicht automatisch, dass es auch zufriedenstellend läuft. In vielen Fällen bleibt daher am Ende nur die Möglichkeit, die Google-Dienste zu deaktivieren. Dieser Prozess steht grundsätzlich immer zur Verfügung, doch musste z.B. beim OnePlus Pro 8 festgestellt werden, dass nach dem Deaktivieren der Dienste derart viele Meldungen aufpoppten, dass auch dieser Weg ein schwerlicher zu sein scheint. Letztlich soll es in diesem Artikel aber darum gehen, alternative Open Source Varianten aufzuspielen, und darum wurde nicht weiter abgeklärt, inwiefern es möglich wäre, mit deaktivierten Diensten plus/minus über die Runden zu kommen.

Die nachfolgenden fünf Geräte erheben nicht den Anspruch einer abschliessenden Beurteilung. Wohl aber kann damit gut aufgezeigt werden, wo und warum es Probleme geben kann und ob bzw. wie diese aus der Welt geschafft werden können.

Moto G4 Plus (2016)

Bildqualität Moto G4 Plus: Von links nach rechts: Samsung XCover 4, LG G6, Fairphone 3+, OnePlus 8 Pro

Für das Moto G4 Plus gibt es bis heute eine gute Unterstützung von e.foundation. Leider kann dies bei LineageOS nicht beobachtet werden, seit 2018 gibt es dort keinen Support mehr. Am Preis des Gerätes von ca. 250 Franken kann nichts ausgesetzt werden. Das Display mit 1920×1080 bietet eine ideale Auflösung, um Filme in FullHD anzuschauen. Das Moto G4 Plus ist absolut nicht wasserdicht. Ein Gerät ging 2017 “verloren”, weil es (obwohl in der Jackentasche getragen) Wasser “abkriegte”.

Schade beim Gerät ist, dass die Hardware zwar 64 Bit hergäbe, dass das Moto G4 Plus softwareseitig aber bis heute mit 32 Bit läuft. Damit laufen alle 64 Bit-Apps nicht auf dem Gerät. Zu allem Übel wird dies während des Installationsprozesses von Apps nicht in Ansätzen ersichtlich. Am Ende erscheint eine nichtssagende Meldung ‘App installation failed’, zur Problematik siehe dazu den interessanten Beitrag bei xda-developers.com.

Leider werden fast überall bei den offenen Androiden nur Geräte bis zum Moto G7 Plus mit Custom-ROMs unterstützt. Und dies obwohl, der Bootloader bzw. die Firmware auch bei neueren Geräten zur Verfügung stehen. Am 21. Februar 2022 berichtet xda-developers, dass für das Moto G100 ein Abbild für LineageOS 19.0 bestünde.

Einschätzung: Zwar könnten Open Source Versionen von Android für fast alle Geräte von Motorola realisiert werden, in der Praxis ist die Auswahl unterstützter Geräte nach 2017 massiv eingeschränkt. Kauftipp Motorola 2022: Nein.

Samsung XCover 4 (2017)

Samsung XCover 4 als Fotograf: Von links Moto G4 Plus, LG G6, Fairphone 3+ sowie OnePlus 8 Pro

Das Gerät wurde damals erworben, weil es IP68 samt wchselbarem Akku hat. In irgendeinem Forum fand sich eine Anleitung, wonach sich LineageOS darauf installieren lasse. Dabei ist es bis heute (mit Betonung auf heute) geblieben. Zwar finden sich immer mal wieder Hinweise, es ginge, doch eine einigermassen “nette” konkrete Anleitung — bislang Fehlanzeige.

Das Display sowie die Kamera sind “archaisch”. 1280×720 beim Display (selbst AVMultiPhone V2 bietet mit 1440×720 mehr), das zeugt aus fernen Zeiten, die Kamera bietet 13 MP sowie FullHD für Videos. Im Vergleich zum Moto G4 Plus fallen die Aufnahmen aber eher dürftig aus. Nach wie vor können die offiziellen Updates bezogen werden. Jedoch, analog zum Moto G4 gilt, Apps mit 64 Bit werden nicht unterstützt.

Als Telefon wurde das Samsung XCover 4 nie gebraucht, dafür hat es sich bei harten Outdoor-Aktivitäten stets bewährt. Die Bedienung bei starken Regen ist bei reinen Touchscreen-Geräten schwierig, die zusätzlichen drei Knöpfe am unteren Rand beim XCover 4 waren und sind Gold wert. Mehr als einmal flog das Gerät direkt hochkant aus der Velohalterung auf die Strasse. Im dümmsten Fall mussten Smartphone, Abdeckung und Akku einzeln zusammengesucht werden. Letzthin hat es die Plastik-Abdeckung für die Lautstärkenregelung getroffen, diese konnte nicht mehr gefunden werden. Das Gerät arbeitet trotzdem munter weiter.

Einschätzung: Ein gutes Outdoor-Smartphone, das seither einige neue Varianten gefunden hat. Stabil im Einsatz, Open Source jedoch bis heute Fehlanzeige. Kauftipp XCover-Serie 2022: Als Navi ja, als Smartphone nein.

LG G6 (2017)

LG G6 böte bei der Kamera mehr Qualität, auf dem HavocOS gibt OpenCamera in der Default-Einstellung jedoch nicht mehr her, wiederum von links nach rechts: Moto G4 Plus, Samsung XCover 4, Fairphone 3+, OnePlus 8 Pro. Wer mit OpenCamera etwas spielt, kann beim LG G6 durchaus, auch bei wenig Licht, recht gute Aufnahmen erzielen.

Das LG G6 wurde hier Ende 2017 mit dem IPhone X verglichen. Die Wahl auf das auf das LG G6 fiel, weil es als eines der wenigen Telefonate mit LineageOS bestückt werden konnte und IP68 “zertifiziert” war/ist. Rein von den technischen Daten her brauchte sich das LG G6 nicht hinter dem IPhone X zu verstecken. Nur zog sich LG kurze Zeit später aus dem Smartphone Geschäft zurück, in diesem Sinne hat das LG G6 bzw. vor allem die Nutzer/innen den kürzeren gezogen, keine Frage.

Wasserdicht war/ist das LG G6, die Bedienung bei starkem Regen jedoch mitunter nicht ganz einfach, wobei dies bei allen wasserdichten Smartphones so sein dürfte, die nicht über zusätzliche Tasten für die Bedienung (à la Samsung XCover 4) verfügen. Allerdings wurde ein Gerät im Jahre 2019 bei einer Radtour Richtung Norden an der Rückseite beschädigt, weil es zehn Tage “Schweisstropfen” nicht unbeschädigt überstand. Das Gerät läuft zwar noch, nur wasserdicht ist es nicht mehr.

Der Support von LineageOS wurde 2018 leider eingestellt, mit Havoc-OS konnte ein einigermassen würdiger Nachfolger gefunden werden. Softwaretechnisch laufen darauf bis heute alle Apps (insbesondere auch jene mit 64 Bit). Das Gerät steht folglich bis heute im Einsatz. Das LG G6 kann nach wie vor (gebraucht wie neu) bestellt werden, allerdings ist ein Bezug in der Schweiz aktuell schwierig(er).

Einschätzung: Schade, hat sich LG aus dem Smartphone-Markt zurückgezogen. Kauftipp: Eher nicht, obwohl es noch eine stattliche Anzahl neuer wie gebrauchter LG G6 auf Marktplätzen gibt.

Fairphone 3+ (2020)

Fairphone 3+ mit akzeptabler Qualität, von links nach rechts: Moto G4 Plus, Samsung XCover 4, LG G6 sowie OnePlus 8 Pro.

Ursprünglich war der Preis gemessen an den Eckdaten doch eher hoch. Natürlich ist es mehr als zu begrüssen, wenn Geräte möglichst “fair” hergestellt werden. Wie fair ein Smartphone aber entsteht, dies lässt sich kaum überprüfen. Selbst die Gründer gestanden vor Jahren ein, dass das Fairphone nicht zu 100% fair produziert würde, es würde vielmehr fairer produziert.

Vielleicht ist das Fairphone 3+ denn auch mehr in dem Sinne fair, als dass es modular aufgebaut ist. Ein Display, dass in die Brüche geht, lässt sich selbständig austauschen, ein passender Schraubenzieher liegt bei. Ein kurzer Blick in den verschiedenen Stores bringt zu Tage, doch das Display liesse sich bestellen. Ersatzteile lassen sich aktuell gar in der Schweiz ordern. Gemäss Fairphone-Shop in den Niederlanden ist es dort derzeit allerdings nicht verfügbar.

Es ist und bleibt folglich ein Spagat. Allenfalls werden Ersatzteile gleich bei Erwerb mitbestellt, oder später, wenn es denn gebraucht würde, besteht die Gefahr, dass die benötigten Komponenten gerade nicht lieferbar sind. Beim Fairphone+ besteht immerhin die Chance, das die Komponenten gebrauchter Geräte einzeln verwertet werden können. Und damit dürfte das Fairphone 3+ schon um Klassen fairer dastehen, als dies bei Geräten der Fall ist, bei denen bei einem defekten Teil das ganze Gerät weggeschmissen werden muss.

Die Kamera des Fairphone 3+ bietet von den Eckdaten her mit 48 MP mehr als genug an. Im praktischen Einsatz vermögen die Bilder recht gut zu überzeugen. Bei den Videos ist 4K mit 30 Bildern/Sekunde möglich. Doch sowohl beim aufgespielten Android als auch bei der Version von e.foundation vermögen die Resultate nicht restlos zu gefallen. Und dies unabhängig davon, ob mit FullHD oder 4K gefilmt wird. Die Aufnahmen wirken schnell verzittert, eine alte GoPro bietet mehr Qualität.

Hingegen, das Fairphone 3+ kann bei e.foundation bestellt werden, der Umweg über das eigene Aufspielen entfällt. Wer das Fairphone 3+ in der Schweiz erwerben möchte, die Images lassen sich vom e.foundation-Server problemlos beziehen. Zum Aufsetzen gibt es gar einen grafischen Installer für Windows und Linux. Unter Linux zeigte sich allerdings, dass der Snap-basierte Installer bei AVMultimedia nicht arbeiten wollte. Der klassische Ansatz über die Kommandozeile war jedoch derart gut beschrieben, dass kein Windows hervorgekramt werden musste.

Einschätzung: Tolles aktuelles Gerät zu einem fairen Preis, Support für e.foundation sehr gut. Mit dem Fairphone 4 stünde ein noch moderneres Gerät zur Verfügung, dort allerdings fehlt der SD-Karteneinschub, sodass das Fairphone 3+ aktuell die richtige Wahl darstellen dürfte. Einziger Wermutstropfen: Hobbyfilmer und Instagram-Queens dürften am Gerät weniger Freude haben. Kauftipp: Wer auf IP68 und qualitativ tollste Videos verzichten kann, findet ein ideales Gerät im Geiste von Open Source. Betreffend Schutz vor Wasser und Staub, so gibt es Anbieter von entsprechenden Verpackungsbeuteln. Getestet wurde dies nicht, ein Versuch in naher Zukunft ist geplant.

OnePlus 8 Pro (2020)

OnePlus 8 Pro bietet selbst bei LineageOS eine gute Qualität, von links nach rechts: Moto G4 Plus, Samsung XCover 4, LG G6 sowie Fairphone 3+.

Wer ein IP68 zertifiziertes Smartphone mit Open Source betreiben möchte, sieht sich auch 2022 einer Suche nach einer Nadel in einem Heuhaufen ausgesetzt. Genau genommen ist der Heuhaufen ein Häufchen, denn wie eingangs erwähnt, die Liste der unterstützten Geräte ist ohnehin eher klein.

Wer die Liste bei e.foundation oder LineageOS durchgeht, findet schnell heraus, aktuell werden die Geräte von OnePlus bis und mit OnePlus 9 Pro unterstützt. Die Geräte von OnePlus sind in der Schweiz sehr gut erhältlich. Der Preis der 8er-Version in der Pro-Ausführung beträgt plus/minus 600 Franken. Für diesen Preis gibt es ein Smartphone, dass Vergleiche zu den Flaggschiffen von Apple oder Samsung nicht zu scheuen braucht.

Bereits beim OnePlus 8 Pro gibt es ein optisches 3fach-Zoom (selbst das IPhone 13 Pro Max bietet nicht mehr). Dieses arbeitet beim aufgespielten Android auch anstandslos. Vergrösserungen bis in den Faktor 10 gelingen bei Fotos ordentlich. Wer jedoch einmal eine optische zoomfähige Videokamera in den Händen hielt, empfindet das Zoomen auf einem OnePlus 8 Pro als nettes Gadget, mehr nicht. Die Kamera selber überzeugt jedoch sowohl bei den Fotos als auch beim Filmen in 4K (mit/ohne Belichtungs-Optimierung [HDR]).

Gemäss Homepage e.foundation wird das OnePlus 8 Pro so angeführt, dass es dazu eine Beta gebe. Die Installation ist deutlich anstrengender als beim Fairphone 3+. Am Ende bootet das Teil, doch lässt sich das OnePlus 8 Pro mit dem besten Willen nicht in Ansätzen stabil mit e.foundation betreiben. Weder WLAN noch Verbindung zum Mobile-Netz gelingen, nach einigen Minuten friert das Gerät ein.

Woran es liegt, schwer zu sagen. Im Netz fanden sich einige Anhaltspunkte, dass es ratsam(er) gewesen wäre, zunächst mit dem aufgespielten Android sämtliche Update-Schritte durchzuführen, da dabei auch die Firmware aktualisiert würde. Nun gibt es bei sämtlichen Androiden immer jeweils zwei Betriebssystem. Einmal das System und weiter ein abgespecktes Not-System (Recovery).

Und dabei passierte das, was die vergangenen fünf Jahre stets vermieden werden konnte. Beim Versuch, das originäre Android-System wieder aufzuspielen, wurden irgendwie beide Versionen unwiderruflich zerstört. Das Gerät liess sich überhaupt nicht mehr booten. Der Rückgabeschein beim Händler war bereits ausgefüllt, als in einem Forum der Tipp gefunden werden könnte, dass das OnePlus 8 Pro selbst in diesem Falle über ein “Rettungssystem” verfüge.

Durch gleichzeitiges Drücken der Volume+Plus wie der Volume-Minus-Taste über ca. 1 Minute (das ist eine verdammt lange Zeit) könne es in einen Super-Recovery-Modus zurückgesetzt werden, mit dem das Aufspielen neuer Versionen gelinge. Und in der Tat, mit der Fingerkrampfübung zu tiefen Nachtstunden konnte dem OnePlus 8 Pro ein neues Leben eingehaucht werden.

Das Aufspielen des originären Systems scheiterte danach zwar noch immer, doch mit LineageOS gelang es, dass das Smartphone anschliessend normal bootete. Und seit da läuft es zur vollen Zufriedenheit. Bei der Kamera fehlt zwar der “Knopf” für den optischen 3-fach-Zoom, jedoch Filmen mit 4K und 30 Bildern/Sekunde gelingt in sehr guter Qualität. Die Stabilisierung z.B. beim Laufen auf einem Feldweg überzeugt, ja selbst die ambitionierten Hobbyfilmerinnen oder der Instagram-Kings (wenn es diese denn gibt) werden begeistert sein.

Und noch etwas sei an dieser Stelle angeführt. Bei allen bisherigen Smartphones war es notwendig, zum Entsperren des Bootsektors zunächst einige spezifische Firmwareinformationen auf einer externen Homepage einzutippen, ehe alternative Systeme aufgespielt werden konnten. Das ist nicht nur umständlich, sondern über lange Zeit dann ärgerlich, wenn sich der Hersteller entschliessen sollte, die entsprechende Homepage abzuschalten. Ist der Bootsektor dann noch nicht entsperrt, kann das Gerät weggeschmissen werden. Beim OnePlus Pro 8 war das erfreulicherweise nicht der Fall. Zum Entsprerren des Boot-Sektors bedarf es ein paar Klicks, mehr nicht. So sollte es sein.

Einschätzung: Das OnePlus 8 Pro ist nicht einfach bei der Installation. Einmal aufgesetzt überragt das Gerät jedoch alle anderen hier vorgestellten Smartphones um gefühlte Welten. Wem die Pro-Serie zu gross ist (6.7 Zoll ist nicht nichts), der greife zum “ordinären” Gerät, auch wenn dort die Schutzfähigkeit gegen Wasser und Staub nicht gewährt ist. Soeben wurde die 10er-Version vorgestellt. Leider gibt es dort beim OnePlus 10 Pro kein IP68 mehr, was den Einsatz im Outdoor-Bereich massiv einschränkt. Kauftipp: Das OnePlus 8 Pro bietet viel für vergleichsweise wenig Geld. Ein Preis von um die 600 Franken (12 GB RAM, 256 GB Speicher, Kamera mit 48 MP) entspricht einen guten Preis-/Leistungsverhältnis. Ein entsprechendes Samsung bzw. Apple-Gerät kostet doppelt so viel. Tipp: Vor dem Aufspielen von LineageOS alle Systemupdates auf dem originären Android machen, der Umweg über die Volume+Plus und Volume+Minus mit einminütigem Drücken funktioniert zwar, aber es waren gar hektische Momente, definitiv nicht zu empfehlen.

Ein Vergleich zu einer relativ alten GoPro 7P zeigt, dass selbst eine mehrere Jahre alte Mini-Kamera sich nicht zu verstecken braucht. Dem sei angefügt, dass die Stabilisierung bei Videos bei den GoPros wohl auch 2022 weit teurere Smartphones in den Schatten stellt. Eine GoPro 8 kostet keine 300 Franken, die Kombination mit einem Fairphone 3+ bietet quasi “dä Füfer und s’Weggli”, das Gewicht von zusätzlich ca. 130 Gramm für die Action-Cam nicht der Rede wert.

Fazit im Jahre 2022: Situation bleibt unbefriedigend

Was bleibt nach fünf Jahren Erfahrung mit möglichst quelloffenen Smartphones auf der Basis von Android? Nicht unbedingt das, was gewünscht wäre. Der Suchgigant nutzt die Marktmacht ganz elegant aus, indem Android derart mit Google-Diensten verknüpft wird, dass es fast nicht möglich ist, ohne diese zu arbeiten. Zwar können die entsprechenden Apps deaktiviert werden, aber deaktiviert ist nicht deinstalliert. Solange ein Knopf für das Aktivieren besteht, ist auch die Software im Grundsatz verfügbar.

Im übrigen zeigt der aktuell gefrässige Ansatz des Konzerns, analog zu Apple bei allfälligen Optionen in einer gekauften App zwingend vorauszusetzen, das diese über PlayStore ablaufen müssen, dass hier eine Marktmacht zu zementieren versucht wird, die gemessen an der Leistung (die Zahlung als solches abzuwickeln) 30 Prozent nicht nur willkürlich, sondern geradezu unsittlich sind. Wenn z.B. eine Fotobibliothek mit 100 Bildern 100 Kneten kostet, dann stellen 30 Thaler schon dort einen unvernünftigen Ansatz dar. Enthielte die Bibliothek aber 1000 Bilder und kostete 500 Kneten, dann wandern dabei 150 Thaler direkt in die Tasche der Giganten, und dies für die gleiche simple Transaktion. Gerechtfertigt von den Kosten wären wohl ca. 0.x bis 1.x Prozent.

Die Platzhirsche entgegnen dem immer, sie würden ja auch Publicity bieten. Nein, bei einer Marktmacht wie z.B. bei Youtube kann nicht in Ansätzen von einer Förderung gesprochen werden, vielmehr auferlegen die Konzerne derart willkürlich Regeln, die zu 100% darüber entscheiden, ob etwas noch wahrgenommen wird. Hoffen wir einfach, dass dereinst irgendeine Kartellbehörde dafür sorgen wird, dass der Markt wieder spielen wird können.

Ein guter Ansatz wäre, dass es den Herstellen verboten würde, die Geräte so “zuzunageln”, dass kein alternatives Betriebssystem aufgespielt werden kann. Damit müssten nicht jährlich Millionen (über die Jahre geht es um Milliarden) von Geräten entsorgt werden, nur weil es für diese keinen Support mehr gibt. Die Alternative für nachhaltigere Geräte wäre ansonsten, dass Hersteller verpflichtet werden, z.B. minimal 5 Jahre Support für ein Produkt zu bieten.

Wer ein Smartphone nur gelegentlich nutzt, dürfte aber auch deutlich darüber hinaus mit einem Gerät arbeiten können. Für Unternehmen stellte eine solche Verpflichtung zudem einen weit grösseren Einschnitt dar, als dass unter Abgabe der Garantie der Eigentümer des Gerätes noch dann einen Nutzen hat, wenn die Kundenbeziehung nicht mehr besteht.

Aktuell ist es leider so, dass es für Laien fast unmöglich ist, überhaupt ein alternatives offenes Betriebssystem zu Android aufzuspielen. Das Fairphone 3+ sowie e.foundation bieten hier eine löbliche Ausnahme. Die Kombination kann aktuell auch sehr empfohlen werden, doch entspricht sie im bestem Fall Bruchteilen von Promillen der verkauften Geräte.

Etwas besser im Vergleich zu 2017 sieht die Sache beim Aufspielen von Apps aus. Dank Aurora Store lassen sich Apps auch aus dem Play Store beziehen, ohne dass dazu ein Konto notwendig ist. Zu empfehlen ist der Bezug über fdroid.org. Dort finden sich alle Apps, die unter einer Open Source Lizenz zur Verfügung stehen. Meistens gibt es dazu zudem hilfreiche Anmerkungen, zu Aurora Store steht sinnigerweise: Die App bewirbt nicht-quelloffene Netzwerkdienste.

Das stimmt natürlich, aber 100% Open Source (auch bei den Apps) ist mit einem quelloffenen Android basierten Smartphone fast unmöglich, dann doch gleich lieber ein AVMultiPhone. Nur, wer z.B. Online Banking in der Schweiz macht (dazu wurden ja alle “genötigt”), dem ergibt sich keine Alternative, da alle Banking-Apps wie selbstredend Closed Source sind (schweigsam, wie die Branche nun mal ist).

Immerhin, sowohl das OnePlus 8 Pro als auch das Fairphone 3+ verfügen über alternative Stores. Es darf hier angemerkt werden, die Anbieter dürften sich der Marktmacht des Softwareriesen durchaus bewusst sein. Trotzdem und gerade deswegen bleibt die Situation diesbezüglich unbefriedigend. Fazit in einem Satz: Wer 2022 ein alternatives offenes Android haben möchte, der kann es wenigstens käuflich bei e.foundation erwerben. In diesem Sinne ist es ein Lichtblick an einem weit entfernten Horizont.

Nachbemerkung: Wer ein Smartphone gar nur für das braucht, wofür es “erfunden” wurde, sprich zum Telefonieren und SMSlen, findet im PinePhone aktuell (egal ob mit PostmarketOS Phosh oder AVMultiPhone V2) eine empfehlenswerte Alternative. Tolle Fotos und Videos lassen sich mit einer Action-Cam auch erzielen. Dies hat nicht zuletzt auch mit der Bauform zu tun. Die kleinen Dinger sind diskret, sodass weit spontanere Aufnahmen möglich sind, weil sie eben nicht auffallen. Ein Smartphone mit 6-Zoll oder mehr wirkt da um Welten wuchtiger.

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